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Datierungsrichtlinien der Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen (SSRQ)

Die Datierungsrichtlinien ermöglichen eine einheitliche und sprachunabhängige Erfassung und Abfrage von Datierungen und Zeiträumen.

1 Sortierlogik und Ausgabe

Die Sortierlogik von Datierungen bzw. Zeiträumen ist die folgende:

  • Ältere Datierungen stehen vor neueren Datierungen, z. B. steht bei den beiden folgenden Zeiträumen «7.–10. Jh.» vor «8.–9. Jh.».
  • Alles, was vor einem Datum sein könnte, wird auch vor diesem eingeordnet, so steht z. B. «18. Jh.» (1.1.1701–31.12.1800) vor «1800».
  • Wenn zwei Datierungen mit unterschiedlichen Zeiträumen am selben Datum starten, dann steht die genauere Datierung vor der ungenaueren, z. B. «6.–7. Jh.» vor «6.–8. Jh.» und «1300–1350» vor «1300–1375».
  • Wenn zwei Datierungen mit dem gleichen Zeitraum vorliegen, bei einer der Datierungen jedoch der zugrunde liegende Kalender unbekannt ist (d. h. @calendar="unknown"), dann steht die Datierung mit bekanntem Kalender zuerst, also <date calendar="julian" when="1590-01-01/> vor <date calendar="unknown" when="1590-01-01/>.

Die Ausgabe aller Datumsangaben erfolgt ohne führende Nullen, z. B. 1.1.1810 statt 01.01.1810

2 Eindeutige Datierungen

  • Eindeutige Datierungen werden gemäss ISO 8601 innerhalb von <date> oder <origDate> mit dem Attribut @when-custom auf folgendes Datumsformat hin normalisiert: YYYY-MM-DD, d. h. vierstellige Jahresangabe, zweistellige Monatsangabe, zweistellige Tagesangabe, die ggf. mit führenden Nullen aufgefüllt werden.
  • Nach ISO 8601 und TEI ist bei der Verwendung des @when-Attributs immer der gregorianische Kalender gemeint, was bei der SSRQ allerdings nicht immer der Fall ist. Deshalb verwenden wir statt @when das allgemeinere Attribut @when-custom in Kombination mit @calendar, um den Kalender zu spezifizieren. Wenn der verwendete Kalender unbekannt ist, wird calendar="unknown" benutzt. Beispiele:

    <date when-custom="2001-09-11" calendar="gregorian">11 Sept 2001</date>
    
    <date when-custom="1001-09-11" calendar="julian">11 Sept 1001</date>
    
    <date when-custom="1601-09-11" calendar="unknown">11 Sept 1601</date>
    
  • Hierarchisch übergeordnete Leerstellen (z. B. fehlendes Jahr, fehlender Monat) werden in @when-custom mit einem Bindestrich ("-") angegeben. Beispiele:

    <date when-custom="--09-11">11.9.</date>
    
    <date when-custom="---11">Elfter Tag eines Monats</date>
    
  • Hierarchisch untergeordnete Leerstellen (z. B. fehlender Tag) werden hingegen nicht mit @when-custom ausgezeichnet, sondern wie eine uneindeutige Datierung als Zeitraum mit @from-custom und @to-custom ausgezeichnet. Beispiel: <date from-custom="1001-09-01" to-custom="1001-09-30" calendar="julian">September 1001</date>

  • Datierungen nach Heiligen- oder Festtagen werden mithilfe der HTML-Version des Grotefend aufgelöst. Dort gibt auch es verschiedene Hilfsmittel, wie z. B. einen Kalenderrechner.

3 Uneindeutige Datierung

3.1 Mehrere Datierungen innerhalb einer Quelle

Enthält eine Quelle mehrere Daten, müssen alle einzeln ausgezeichnet werden. Wenn die Datierung eines Stücks nicht sicher ist, muss die Datierung in Form eines Zeitraums angegeben werden. Beispiel:

<date when-custom="1736-11-08" calendar="gregorian">8./22. November 1736</date>
<date when-custom="1736-11-22" calendar="gregorian"/>

3.2 Zeiträume

3.2.1 Durchgehende Zeiträume

Zeiträume werden mit den Attributen @from-custom und @to-custom zusammen mit @calendar innerhalb von <date> oder <origDate> ausgezeichnet. Beispiele:

<date from-custom="1521-12-11" to-custom="1544-04-16"
      calendar="julian">11. Dezember 1521 - 16. April 1544</date>
<date from-custom="1717-01-01" to-custom="1718-12-31"
      calendar="gregorian">1717-1718</date>

3.2.2 Unterbrochene Zeiträume

Liegen unterbrochene Zeiträumen vor, werden diese wie mehrere Zeiträume behandelt. Beispiele:

<date from-custom="1610-01-01" to-custom="1610-12-31"
      calendar="gregorian">1610, 1620–1635</date>
<date from-custom="1620-01-01" to-custom="1635-12-31"
      calendar="gregorian"/>
<date when-custom="1466-05-25" calendar="julian">25. Mai und 25.
    Heumonat 1466</date><date when="1466-07-25"/>

3.2.3 Uneindeutige Datierungen, die zugeordnet werden können

Unsichere Jahresangaben, zum Beispiel «wohl 1491», werden mit <precision> ausgezeichnet. Beispiel:

<date from-custom="1491-01-01" to-custom="1491-12-31" calendar="julian">wohl 1491
    <precision match="@from-custom @to-custom" precision="medium"/>
</date>

Datierungen, die nicht eindeutig sind, jedoch zugeordnet werden können, werden als Zeiträume mit @from-custom und @to-custom zusammen mit @calendar sowie <precision> ausgezeichnet.

Beispiel Werte @from-custom und @to-custom Zeitspanne: Schlüssel
15. Jh. 1401-01-01/1500-12-31 100 Jahre
1. Hälfte 15. Jh. 1401-01-01/1450-12-31 50 Jahre
Anfang 15. Jh. 1401-01-01/1425-12-31 25 Jahre
Ende 15. Jh. 1475-01-01/1500-12-31 25 Jahre
Ca. 1510 1500-01-01/1520-12-31 +/-10 Jahre
Mitte 15. Jh. 1440-01-01/1460-12-31 +/-10 Jahre
Mitte 1555 1555-06-01/1555-07-31 +/-1 Monat
Anfang März --03-01/--03-10 10 Tage
Mitte Februar --04-09/--04-19 +- 5 Tage
Mitte März --03-10/--03-20 +- 5 Tage
Ende März --03-22/--03-31 10 Tage

3.2.4 Uneindeutige Datierungen, die nicht zugeordnet werden können

Datierungen, die nicht eindeutig sind und nicht zugeordnet werden können, sollen mit möglichst präziser Annäherung als Zeiträume mit @notBefore-custom und @notAfter-custom sowie <precision> ausgezeichnet werden.

Beispiel Werte @notBefore-custom und @notAfter-custom Zeitspanne: Schlüssel
vor 1700 1675-01-01/1699-12-31 -25 Jahre
nach 1700 1701-01-01/1725-12-31 +25 Jahre
um 1700 1690-01-01/1710-12-31 +/-10 Jahre
wohl 1700 oder 1700? 1700-01-01/1700-12-31 1 Jahr
vor 20. November 1700 1700-01-01/1700-11-19 von Jahresanfang
nach 20. November 1700 1700-11-21/1700-12-31 bis Jahresende
vor Oktober 1700 1700-07-01/1700-09-30 -3 Monate
nach Oktober 1700 1700-11-01/1701-01-31 +3 Monate

3.2.5 Datierungen post quem bzw. ante quem

Post quem-Datierungen erhalten kein <precision>, jedoch das errechnete End- bzw. Beginndatum.

Wenn bei Amtsbezeichnungen nur bekannt ist, bis wann jemand im Amt war, rechnen wir für den Amtsbeginn mit -10 Jahren. Der Inhalt von @notAfter-custom ist sicher, nicht aber der Inhalt in @notBefore-custom, weshalb er ein <precision> erhält. Beispiel:

<date notBefore-custom="1489-01-01" notAfter-custom="1499-12-31"
      calendar="julian">[Amtszeit] bis 1499
    <precision match="@notBefore-custom" precision="medium"/>
</date>

Dasselbe gilt auch umgekehrt für Datierungen ante quem.

4 «Fälschungen» / Datierungsänderungen

Wenn eine Fälschung ediert wird, ist das Datum der Fälschung relevant und nicht die Datierung im Quellentext. Ein erklärender Kommentar ist notwendig.

Weicht eine Datierung im Regest von einer Datierung im Quellentext ab, ist ein Kommentar obligatorisch.

5 Neuer Stil / alter Stil

Für die Zeit nach der Kalenderreform, d. h. die Zeit, in der sowohl der julianische Kalender (alter Stil) als auch der gregorianische Kalender (neuer Stil) verwendet wurden, gelten folgende Regelungen:

  1. In den Quellen vorkommende Daten werden so belassen, wie sie in der Quelle stehen. Sie werden nicht auf den neuen Stil umgeschrieben. In den Attributen (@when-custom, @from-custom, @to-custom etc.) wird das Datum nach dem in der Quelle verwendeten Kalender zugrunde gelegt. Beispiel:
    <date from-custom="1588-09-03" to-custom="1588-09-20"
          calendar="julian">Zwischen 3. und 20. September 1588</date>
    
  2. Gibt eine Quelle ein Datum in beiden Stilen an (doppelte Datierung), wird in den Attributen das Datum nach dem neuen Stil verwendet. Beispiel:
    <date when-custom="1590-10-25"
          calendar="gregorian">25/15. octobris anno 90</date>
    
  3. Wenn ein Dokument nicht von einer Behörde stammt, die nachgewiesenermassen nach altem Stil datiert (z. B. die Kanzleien von Zürich und Bern), wird bei einem unkommentierten Datum von einer Datierung nach neuem Stil ausgegangen.
  4. Wo nicht sicher ist, nach welchem Stil datiert wurde und begründete Zweifel an einer Datierung nach neuem Stil vorliegen, wird dies innerhalb von @calendar mit dem Wert unknown festgehalten. Eine Anmerkung mit <note> ist in diesen Fällen sinnvoll. Beispiel:
    <date from-custom="1588-09-03" to-custom="1588-09-20"
          calendar="unknown">Zwischen 3. und 20. September 1588</date>
    <note>Es finden sich keine Informationen zum Kalenderwechsel.</note>
    
  5. In den editorischen Paratexten (z. B. Einleitungen, Kommentare etc.) sollten die Bearbeitenden den neuen Stil verwenden, sofern sie nicht explizit auf die Verwendung des alten Stils hinweisen möchten. Beispiel:
     am <date when-custom="1588-09-03" calendar="julian">3. September 1588</date>
     <note>Der Verkauf des Landguts XY an die Familie Soundso wurde nicht,
     wie in der Quelle steht, am <date when-custom="1588-09-03" calendar="julian">
     3. September 1588</date>, sondern bereits <date from-custom="1587-01-01"
     to-custom="1587-12-31 calendar="gregorian">1587</date> abgeschlossen.
     Dies geht aus XYZ hervor, vgl. <bibl><ref>Hinz 1962, S. 63.</ref></bibl>
     </note>
    

Die sieben katholischen Orte gingen – mit Ausnahme von Ob- und Nidwalden – am 12./22. Januar 1584 zum neuen Stil über. Obwalden und Nidwalden nahmen den neuen Kalender einen Monat später an. In Luzern war der Tag der Umstellung am 12. Januar 1584 alten Stils = 22. Januar 1584 neuen Stils (StALU RP 39, fol. 7r).

In der gemeineidgenössischen Vogtei Thurgau führte die Anwendung des neuen Stils 1584 zu Spannungen zwischen Zürich und den fünf inneren Orten. Am 6.3.1585 verfügte die Badener Tagsatzung die Feier der kirchlichen Feste nach dem neuen Kalender; die Evangelischen durften jedoch Weihnachten, Stephanstag, Neujahr, Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten nach dem alten Stil begehen.

Im Appenzellerland führte die Einführung des gregorianischen Kalenders zum Widerstand der Äusseren Rhoden. Innerrhoden nahm den neuen Stil 1584 an, Ausserrhoden erst während der Helvetik, an Weihnachten 1798.

Im Wallis erfolgte der Übergang am 1./11. März 1656. Im Untertanengebiet des Unterwallis hatte der neue Stil schon 1622 Einzug gehalten.

Die evangelischen Stände Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen, zudem Katholisch-Glarus, Neuenburg und Genf gingen am 1./12. Januar 1701 zum neuen Kalender über. Die Stadt St. Gallen folgte 1724. Evangelisch-Glarus nahm den neuen Stil in der Helvetik am 4.7.1798 an.

In Graubünden wurde der gregorianische Stil in katholischen Gemeinden 1623/1624 eingeführt. In den paritätischen Gemeinden folgten die Katholiken ab der Mitte des 17. Jahrhunderts dem neuen Kalender, die Reformierten erst ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In den evangelischen Gemeinden erfolgte der Übergang zwischen 1783 (Oberengadin und Bergell) und 1812 (Schiers und Grüsch).

In Genf fand der Kalenderwechsel am 13. Dezember 1700 statt (SDS GE 4, Nr. 2947).

6 Jahresanfangsstile

Die vom üblichen Jahresanfangsstil, dem Circumcisionsstil (Jahresanfang am 1. Januar), abweichenden Stile: Annuntiationsstil (Jahresanfang am 25. März) und Natalstil (Jahresanfang am 25. Dezember) müssen in <date> und <origDate> mithilfe von @calendar vermerkt werden.

Der Annuntiationsstil gilt in der Diözese Lausanne und in Freiburg vom Anfang bis in die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, sonst in der Diözese Lausanne bis in die 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts.

In SDS FR I/2/6 wird der Annuntiationsstil mit «n. st.» (= «nouveau style») angezeigt, das Datum wird aber gemäss modernem Kalender aufgelöst. Beispiel:

 Ordonnance au sujet des voies de fait. 1364 (n. st.) février 4. –
 In der Quelle steht folgende Datierung:
 «... <date calendar="julian_annunciation" when-custom="1363-02-04">lo quar jor
 dou moys de febrier, in l’ant de Nostre Segnour corant per
 mil CCC et sexante et troys</date> ...»

Weil nun der 4. Februar in der Zeit zwischen dem 1. Januar (oder allenfalls 25. Dezember) und dem 25. März (= Annuntiation Mariä) liegt, ediert die Bearbeitende zu Recht den «4. Februar 1363» als den «4. Februar 1364».